Den Wandel prägen – von der Industrialisierung bis zur Digitalisierung

Neues wagen, um den Zeichen der Zeit zu entsprechen: Das ist das Erfolgsrezept der Honegger AG. So hat sie sich einst vom kompakten Gewerbebetrieb zum Grossunternehmen etabliert – und so antwortet sie heute auf die komplexen Anforderungen der digitalen Transformation.

Die Schweiz ist ein Land der KMU. Gemäss Bundesamt für Statistik haben 99% aller Unternehmen im Land weniger als 250 Angestellte. Grossunternehmen mit hunderten oder tausenden Angestellten hingegen sind rarer gesät. Eines dieser Unternehmen ist die Honegger AG mit Hauptsitz in Köniz: Der Familienbetrieb beschäftigt an 23 Standorten in der ganzen Schweiz rund 6500 Mitarbeitende, was im «Handelszeitung»-Ranking der grössten Schweizer Arbeitgeber im vergangenen Jahr Platz 86 bedeutete.

Auch im Raum Bern ist Honegger ein bedeutender Arbeitgeber. Den Grundstein zu dieser Erfolgsgeschichte hat Walter Honegger Senior gelegt, der das Unternehmen vor genau 75 Jahren gegründet, durch harte Anfangsjahre geführt und der Zukunft mit einem strategisch wichtigen Entscheid den Weg geebnet hat.




Den Gründergeist transformieren

Geboren wurde die Firma Honegger aus der Not heraus – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Walter Honegger Senior war nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitslos und musste eine Lösung finden, um die Existenz seiner Familie zu sichern. In der Folge zog er in Bern von Haus zu Haus und bot Reinigungsdienstleistungen feil. Das war in der damaligen Zeit ein Novum: «Mein Grossvater schuf mit starkem Gründergeist ein Gewerbe, das man damals noch nicht kannte», erklärt sein Enkel Stefan Honegger, heutiger Verwaltungsratspräsident des Unternehmens.

«Die Gründung war aber nur die eine Seite – das grosse Verdienst von ihm und später auch von meinem Onkel und meinem Vater war es, dieses Gewerbe so zu transformieren, dass man es industrialisieren und multiplizieren konnte. Mein Grossvater erkannte, dass es dafür ganz andere Prozesse und Strukturen braucht und holte sich den nötigen innerfamiliären Support, um die Industrialisierung voranzutreiben und die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen.»

Und so wurde aus dem Berner KMU ein schweizweit führendes Unternehmen für Dienstleistungen rund um das Gebäude, das mittlerweile zu den Top 3 der Branche gehört. Geführt wird die Honegger AG heute von Ariste Baumberger, der das Amt des CEO 2018 von Stefan Honegger übernommen hat.




Vom Single- zum Multi-Service-Provider

Reinigungs-Dienstleistungen sind auch heute noch ein wichtiger Teil des Portfolios und werden stark nachgefragt – genauso wie die weiteren Services der Honegger-Angebotspalette. «Unsere Kunden wollen Gebäudedienstleistungen aus einer Hand, weshalb wir uns als Multi-Service-Provider positionieren», erklärt Ariste Baumberger. Dabei setzt das Unternehmen auf Facility Management sowie die Bereiche Healthcare, Cleanroom und Food. Wie kam diese Auswahl zustande?

«Das Schweizer Gesundheitswesen ist mit 250 Akutspitälern, Heimen und Praxen ein grosser Markt mit entsprechend vielen Gebäuden, die bewirtschaftet werden müssen», so Ariste Baumberger. Zudem ist die Healthcare-Branche stark vom Fachkräftemangel geprägt: «Spitäler und andere Institutionen des Gesundheitswesens haben nur schon Mühe, geeignetes Pflegepersonal zu finden und nicht alle wollen sich auch noch um Facility Management und Reinigung kümmern. Wir helfen aktiv dabei mit, diese Herausforderung anzugehen.»

Auch die weiteren Bereiche wurden strategisch definiert: «Cleanroom und Food sind Segmente mit besonders hohen Anforderungen und einer damit einher gehenden grösseren Kundentreue. Wir bewegen uns traditionell in einem Geschäft mit hoher kundenseitiger Fluktuation und grossem Margen- und Preisdruck. Da wir bei den Mandaten im Reinraum- und Lebensmittelbereich sehr nahe an den Produktionsketten arbeiten, ist die Wechselhürde um einiges höher als bei weniger komplexen Reinigungsaufträgen, was für uns sehr interessant ist.»




Digitalisierung wie einst Industrialisierung

Genauso wichtig wie die Erschliessung neuer Geschäftsfelder ist es, am Puls der Zeit zu bleiben. Und das bedeutet im Gebäudemanagement wie in vielen anderen Bereichen auch: Digitalisierung. Ein wichtiger Begriff der Stunde lautet Smart Cleaning; die bedarfsorientierte Reinigung und Bewirtschaftung von Gebäuden. «Dank digitaler Lösungen können Fachkräfte dabei situativ eingeplant und Dienstleistungen flexibel nach Belegung und Auslastung von Gebäuden umgesetzt werden», so Ariste Baumberger.

Gar noch zentraler ist in der Branche heute der Einsatz des Computer-Aided Facility Management (CAFM): «Dieses legt mit einer datenbasierten Planung, Dokumentation und Verwaltung die Grundlage für ein modernes Life-Cycle-Management», führt Ariste Baumberger aus. Die Implementierung dieser Tools bedeutet, aber erneut eine fundamentale Anpassung der betrieblichen Prozesse.

«Die Transformation, in der wir uns heute befinden, ist qualitativ genauso schwerwiegend wie der Übergang vom gewerblichen zum industriellen Dienstleister. Wir wollen aus dem aktuell noch eher punktuellen Einsatz einzelner digitaler Tools eine durchgängige Wertschöpfungskette entwickeln, die wir auf unser gesamtes Portfolio ausrollen können. Daher haben wir uns diesen Anspruch als Vision auf die Fahne geschrieben: Wir sind der digitale Gebäudedienstleister der Schweiz.» Und dazu benötigt es nicht nur die richtigen Tools, sondern vor allem qualifizierte Mitarbeitende.




Verantwortungsvoll in die Zukunft

Die Honegger AG beschäftigt Menschen aus rund 100 Nationen und räumt diesen einen hohen Stellenwert ein. Gegenseitiger Respekt, Wertschätzung und Toleranz sind Kern der Unternehmenskultur und einer der Gründe, weshalb das Unternehmen auf überdurchschnittlich loyale Mitarbeitende zählen kann. Dabei ist es sich seiner grossen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verantwortung bewusst, schliesslich agiert es für viele Mitarbeitende als erster Arbeitsmarkt nach der Einwanderung.

«Wir sind in der Pflicht, unsere Leute auf ihre neuen Rollen vorzubereiten und für neue Aufgaben zu befähigen. Das beginnt zum Beispiel damit, diesen beizubringen, wie eine einzelne App funktioniert», so Ariste Baumberger. Stefan Honegger ergänzt: «Mit den steigenden Anforderungen werden wir für gewisse Funktionen aber nicht mehr die erste Stufe sein, denn die Mitarbeitenden werden dafür mindestens lesen können. Für diese Leute können die anstehenden Veränderungen eine Herausforderung sein und gleichzeitig müssen auch wir als Unternehmen dafür besorgt sein, genügend Personal zu finden, das den neuen Anforderungen entspricht.»

Die Honegger AG hat aber schon mehrfach bewiesen, dass sie gut darin ist, kreative Lösungen zu finden: «Wir haben beispielsweise sehr früh damit begonnen, mit Piktogrammen zu arbeiten und unsere Organisation darauf auszurichten.» Künftig wird das Unternehmen auch die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz nutzen: «Bis anhin war es für uns unmöglich, Tourenpläne beispielsweise auf Ukrainisch anzubieten. Dank intelligenter Sprachtools können wir Benutzeroberflächen heute auf 80 oder 90 Sprachen übersetzen und so Barrieren überwinden», betont Ariste Baumberger.




WashTec AG: Nachhaltigkeit konkret umgesetzt

In diesem Herbst feiert Honegger das 75-jährige Jubiläum und nach wie vor ist das Unternehmen zu hundert Prozent in Familienbesitz. Auch wenn Ariste Baumberger heute die operativen Geschicke leitet, ist Stefan Honegger noch stark in die Firma involviert. Dies sehen beide als grossen Vorteil an: «Es war die absolut richtige Entscheidung, Ariste, der zuvor während fünf Jahren unsere Zentralen Dienste geleitet hat, als CEO zu etablieren. Er verfügt über Skills, mit denen er für die heutigen Herausforderungen besser gewappnet ist als ich.»

Und Ariste Baumberger ergänzt: «Für mich ist es eine riesige Ehre, dass Stefan mir dieses grosse Vertrauen entgegenbringt und es mir ermöglicht, quasi in 4. Generation das Unternehmen zu leiten.» Basis für die Zusammenarbeit ist eine grosse Offenheit: «Wir haben ähnliche Werte und ergänzen uns optimal. Zudem herrscht zwischen uns vollkommene Transparenz; wir kommen uns nicht gegenseitig ins Gehege.»

Stefan Honegger ist aktuell federführend in zwei wichtigen Nachhaltigkeitsprojekten des Unternehmens. Dies betrifft zum einen die Elektrifizierung der Firmenflotte – bis Ende dieses Jahres sollen 60 Prozent der Fahrzeuge des Unternehmens elektrisch angetrieben sein. Zum andern hat Stefan Honegger kürzlich die WashTec AG in Niederbipp (BE) eingeweiht. «Die Hygiene- und Umweltanforderungen in diesem Bereich steigen ständig und wir konnten diesen mit unseren Wäschereien in den einzelnen Niederlassungen zuletzt nicht mehr gerecht werden. Deshalb haben wir uns für diese neue, zentrale Lösung entschieden», so Stefan Honegger. «Künftig werden wir in der WashTec AG alle unsere Reinigungstextilien waschen – und das sind rund 60 Tonnen pro Monat.»




Mit kalkulierten Risiken Grosses schaffen

Dass sich der Sitz der WashTec AG im Kanton Bern befindet, ist für das Unternehmen Ehrensache; schliesslich ist die Honegger AG seit Gründerzeiten in der Stadt und Region tief verwurzelt, was unter anderem ein Grund für die Mitgliedschaft in der HIV-Sektion Bern ist. Zudem hat der Standort konkrete strategische Gründe: «Niederbipp liegt in der Nähe zahlreicher Pharma-Unternehmen und deckt mit der Aufbereitung von Textilien unter Reinraumbedingungen auch die Bedürfnisse dieser Branche ab», erklärt Stefan Honegger.

Er hat das Bauvorhaben trotz Pandemie, Lieferengpässen, Rohstoffknappheit und einer drohenden Strommangellage durchgezogen und hielt anlässlich der Einweihungsfeier im März fest: «Heute müsste man für ein solches Projekt entweder extrem mutig oder extrem verrückt sein. Wir waren ersteres – und das ist gut so, denn den Mutigen gehört die Welt.» Bezogen auf das ganze Unternehmen sagt Stefan Honegger heute: «Unternehmertum bedeutet, etwas zu wagen und – falls man scheitert – wieder aufzustehen und weiterzumachen. Das ist Teil unseres Selbstverständnisses und unserer DNA.» Und Ariste Baumberger ergänzt: «Kalkulierte Risiken einzugehen ist die Voraussetzung dafür, sich Chancenpotenziale zu erarbeiten und zu nutzen.»

So, wie dies Walter Honegger Senior zu Gründerzeiten des KMU vorgemacht hat und es Ariste Baumberger und Stefan Honegger es an der Spitze eines Grossunternehmens heute aktiv weiterleben – von der Industrialisierung über die Digitalisierung bis hin zur nächsten Chance, die es zu packen gilt.