Ein Familienunternehmen beschreitet die Zukunft

Berner Traditionsunternehmen sind im Wettbewerb gegen die internationale Konkurrenz zunehmend gefordert. Ein Geschäft, das sich seinen Platz erfolgreich sichert, ist Stadelmann 1972: mit einer idealen Symbiose aus vollendeter Handwerkskunst und einer neugierigen Offenheit gegenüber der Digitalisierung.

Stadelmann 1972 ist ein Familienunternehmen durch und durch. Seit fast 50 Jahren an der Marktgasse 29 domiziliert, hat sich das Unternehmen weitum einen Namen mit besonderen und innovativen Schmuckkreationen gemacht. Heute wird das Geschäft in dritter Generation von Nicole Stadelmann geleitet, die bereits seit frühester Kindheit mit dem elterlichen Betrieb vertraut ist. «Die Leidenschaft für Edelmetall und -steine wird bei uns von Generation zu Generation weitergegeben», erklärt Nicole Stadelmann im Gespräch. Ihr Einstieg ins elterliche Geschäft zeichnete sich schon früh ab: «Bereits als ‘Meitschi’ habe ich in kindlicher Naivität verkündet, dass ich das Unternehmen dereinst übernehmen wolle.»

Anstatt aber – so ihr ursprünglicher Plan – die Lehre zur Goldschmiedin zu machen, hielt ihr Vater sie dazu an, zunächst die Wirtschaftsmittelschule zu besuchen. Das obligatorische Praktikum absolvierte sie bei einem Grossisten, der mit Edelsteinen handelte. «Dabei wurde mir klar, dass mein Herz für die Gemmologie brennt – genau wie bei meinem Vater.» Auf seinen Spuren absolvierte sie schliesslich in Santa Monica an der Westküste der USA die Ausbildung zur Gemmologin (Fachfrau für Edelsteine) und legte damit den Grundstein zur Firmenübernahme.

Vom Schaufenster hin zu den sozialen Medien

Seit nunmehr 16 Jahren hat Nicole Stadelmann die Leitung des Betriebs inne – und schon steht mit den beiden Söhnen Andrin und Micha die nächste Generation am Start: Andrin ist seit drei Jahren berufsbegleitend zum Bachelor-Studium in digitalem Business-Management im elterlichen Betrieb tätig. Er arbeitet als Kundenberater und ist gleichzeitig für die digitale Kommunikation des Unternehmens zuständig. Micha wiederum absolviert in Deutschland die Ausbildung zum Goldschmied und macht derzeit im Familienunternehmen ein Praktikum. Goldschmied und Business-Management: Damit arbeiten die Söhne nicht nur an der handwerklichen, sondern auch an der digitalen Zukunft des Unternehmens tatkräftig mit.

«Wir werden in Zukunft verstärkt auch im digitalen Umfeld agieren müssen, das ist ganz klar. Gleichzeitig ist und bleibt es aber unser oberstes Ziel, dass die Kundinnen und Kunden zu uns in den Laden kommen.» Ein erfolgreiches Beispiel, wie Tradition und neue, digitale Ansätze miteinander harmonieren, ist die beliebte «Trouvaille»: Stellte der Vater den Occasions-Schmuck früher noch in einem eigenen Schaufenster aus, wird er heute über einen eigenen Instagram-Account beworben. «Damit sprechen wir sowohl unser interessiertes Stammpublikum an wie auch neue Leute, die ohne die digitalen Medien nicht zu uns in den Laden finden würden», so Nicole Stadelmann.




Hoher Qualitätsanspruch und Affinität für Trends

Jedes Schmuckstück, das bei Stadelmann 1972 entsteht, ist individuell gefertigt und wird von A bis Z im eigenen Haus kreiert. Das hat seinen Preis – und gleichzeitig nimmt der Druck durch internationale Ketten und den Online-Handel zu. Wie schafft das Unternehmen diesen Spagat? «Auch hier ist unsere lange Tradition ein grosser Vorteil», so Nicole Stadelmann. «Die Leute kennen uns, wir haben einen guten Namen. Die Kundinnen und Kunden können sich bei uns im Laden alles anschauen und ihre individuellen Wünsche direkt mit den Goldschmiedinnen und Goldschmieden besprechen.» Ein weiteres Plus ist die hohe Transparenz und ein feines Gespür für Trends und die aktuellen Kundenbedürfnisse: «Seit der Corona-Pandemie verkaufen wir ausgesprochen viele Verlobungs- und Eheringe. Dabei haben die Kundinnen und Kunden ein hohes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die Herkunft der verwendeten Materialien entwickelt. Bei uns sind sie damit richtig: Wir verwenden seit über 20 Jahren nur rezyklierte Edelmetalle aus der Schweiz.»

Offener Blick in die Zukunft

Eine weitere Herausforderung, die Nicole Stadelmann beschäftigt, ist die sukzessive Verdrängung von Berner Traditionsfirmen aus der Innenstadt. «Die Mietpreise sind unter Druck, keine Frage, aber im Moment sind wir einfach nur dankbar, über diese tolle Lage zu verfügen.» Rund um das Thema Mietpreisfragen zahlt sich für Nicole Stadelmann denn auch die Mitgliedschaft bei der HIV-Sektion Bern aus. «Als kleines Familienunternehmen hätten wir weder die notwendigen Mittel noch die Kapazitäten, um jemanden zu stellen, der uns bei den entscheidenden Stellen adäquat vertritt. Daher bin ich extrem froh um die Möglichkeiten, die der HIV bietet. Auch hatte ich selber dadurch schon die Gelegenheit, an einem Info-Anlass zum Thema zu sprechen, was sich als sehr hilfreich erwiesen hat.» Gleichzeitig beobachtet Nicole Stadelmann interessiert, wie sich die Stadt entwickelt. «Vielleicht sind die neuen Hotspots bald nicht mehr in der Altstadt, sondern im PostParc oder in Wankdorf City? Wie auch immer die Zukunft aussieht, wir müssen dort sein, wo unsere Kundschaft ist und das Umfeld stimmt.» Ob auf bewährten Pfaden oder auf dem Weg zu ganz neuen Ufern: die Familie Stadelmann ist bereit für die Zukunft.