Von Münchenbuchsee um die Welt

VOGT.CARGO ist dann zur Stelle, wenn ein Flugzeug aus Kanada ins Verkehrshaus Luzern transportiert werden muss. Oder notfallsmässig die Bergbahn auf den Stoos mitten in der Nacht in Betrieb genommen werden muss. Kurz: Immer dann, wenn ein Auftrag nicht nullachtfünfzehn ist.

In gewissen Branchen ist es einfacher, erfolgreich zu sein, als in anderen. Etwa, wenn neue Technologien ebenso neue Dienstleistungsangebote auf den Markt bringen und die Anbieter derer spärlich sind. Hier sind Kunden bereit, Unmengen an Geld zu investieren, um der Konkurrenz gegenüber jeden noch so winzigen Vorteil ergattern zu können. Der Transport- und Frachtsektor ist keine dieser Branchen. Ein kaum vergleichbarer Preisdruck, unvorteilhafte Entwicklungen punkto Verkehrs – und als wäre das nicht schon genug, fehlen auch noch Fachkräfte.

Für viele Grund genug, das Handtuch zu werfen. Für das Mitglied des HIV Sektion Bern ein Ansporn, innovativ zu sein. Das Unternehmen für Fracht und Express gibt es eigentlich schon seit rund dreissig Jahren, der Name VOGT.CARGO ist jedoch erst seit 2010 im Handelsregister zu finden. Das ist auf eine Unternehmensgeschichte mit Umwegen zurückzuführen. Nach stetigem Ausbau der Dienstleistungen wurde das Unternehmen, damals WHP-Kurier Fracht & Logistik GmbH, mit einer Belegschaft von 150 Personen an die französische Post verkauft.

Sechs Jahre später und vom Staatsbetrieb auf zehn Personen heruntergewirtschaftet, gelang das Unternehmen dann wieder in die Hände des Gründers, Alexander Vogt. Dieser hat sich anschliessend auch im Namen verewigt und VOGT.CARGO entstand. Es kam eine Spezialisierung auf den Bereich der Eventlogistik hinzu, später dann auch medizinische und IT-Logistik. Erst im letzten Jahr, 2022, kam der Zusammenschluss mit dem Logistikdienstleister Fastlog AG hinzu und die Umwandlung in die heutige AG.




Ein Powerduo durch und durch

Heute beschäftigt VOGT.CARGO wieder über 40 Mitarbeitende. Dass die Firma heute wieder so gut dasteht, ist dem Powerduo Alexander Vogt und Luca Steiner geschuldet. Im gemeinsamen Gespräch wird ihre Leidenschaft für die Branche rasch deutlich. Der 55-jährige Vogt kommt selbst aus der Express-Szene, früher beim internationalen Riesen FedEx. Beginnt er aus dem Nähkästchen zu plaudern, kommt durch ebendiese grosse Erfahrung die eine oder andere spannende Anekdote ans Licht. Etwa, dass die Post bis ins Jahr 2002 eine Hoheit über die Beförderung von Paketen bis zu einem bestimmten Gewicht hatte.

Was im heute liberaleren Markt kaum mehr vorstellbar ist, war damals Treiber für Innovation. «Unser Antrieb war immer, anders zu sein als die anderen. Die Kunden kommen zu uns, weil wir innovative Lösungen haben.» ergänzt Steiner mit einem leichten Anflug von Stolz.




«Wir machen das, was nicht ins System passt»

Insgesamt sechs Paketzentren hat die Post in der Schweiz. Auf hunderttausenden von Quadratmetern werden hier täglich zehntausende Pakete sortiert und zur regionalen Zustellbasis weitergeschickt. Klar ist: da muss alles passen. Was aus der Norm fällt und nicht ins System passt, ist Sand im Getriebe und kann rasch zu erheblichem finanziellem Schaden führen.

Weiter bleibt bei derart grossen Mengen wenig Zeit, den Kunden zuzuhören und individuelle Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen. Und genau hier kommt Alexander Vogt mit seinem Team ins Spiel. Das Verkehrshaus Luzern mit Flugzeugen, Schiffen und Lokomotiven füllen oder die gesamte Logistik eines Festivals managen – all das, was für die Branchengrössen zu fest aus dem System fällt, ist die Spezialität von VOGT.CARGO. Und so passiert es auch schnell mal, dass zum Beispiel um Mitternacht die Bergbahn auf den Stoos in Betrieb genommen wird, damit ein Diabetiker seine dringend benötigten Insulinspritzen erhält. «Wir hören dem Kunden zu und finden die für ihn beste Lösung», fasst Alexander Vogt zusammen.

Solche Sonderwünsche wirken auf den ersten Blick wie ein verschwenderischer Umgang mit Ressourcen – trotzdem, oder genau deshalb, legt VOGT.CARGO grossen Wert auf nachhaltiges Handeln. Luca Steiner, stellvertretender Geschäftsleiter und designierter Nachfolger von Alexander Vogt, erklärt: «Wir sind dann erfolgreich und wirtschaftlich, wenn wir auch nachhaltig sind.» Das beginnt schon beim Kraftstoff des Fuhrparks von VOGT.CARGO: Rund 30 % der Fahrzeugflotte wird heute mit Strom oder Biogas betrieben. Für letzteres arbeitet das Unternehmen bald sogar exklusiv mit Produzenten aus der Region zusammen.




Fachkräftemangel – ein hausgemachtes Problem?

Der Fachkräftemangel ist auch im Frachtsektor ein Problem. Zu einem grossen Teil liegt das auch am klischeebehafteten Image des Berufs: ein Leben auf der Raststätte und ein niedriges Gehalt. Um dennoch ein motiviertes und gut aufgestelltes Team zu haben, legt VOGT.CARGO gemäss Luca Steiner grossen Wert auf die Work-Life-Balance – die Mitarbeitenden sind zum Feierabend zu Hause und am Freitag gibt’s das schon fast traditionelle gemeinsame Bier. Dazu kommt eine überdurchschnittliche Entlöhnung, Weiterbildungen oder auch Dankesgeschenke zum Beispiel in Form von Konzerttickets. «Die Mitarbeitenden sind unser wichtigstes Gut, ohne sie sind wir nichts. Wir wollen unserem Team deshalb grosse Wertschätzung entgegenbringen» fasst Steiner diese Philosophie zusammen.

Diese Massnahmen sind gut, um bestehende Mitarbeitende zu halten; wenn es jedoch darum geht, neue zu akquirieren, sieht die Situation anders aus. «Die Ausbildung zum Fahrer ist heute zu aufwendig, es ist schon fast ein Hochschulabschluss notwendig.» Was Luca Steiner damit meint, ist das 32-stufige Programm bis zum Lkw-Chauffeur. Neben der klassischen theoretischen und praktischen Prüfung für die Zulassung, einen Lkw zu fahren, kommen weitere Hürden wie die CZV-Prüfung (Chauffeurzulassungsverordnung), mündliche Assessments und viel mehr. Diese Hürden haben natürlich eine hohe Durchfallquote zur Folge – dadurch fehlen Fachkräfte auf dem Markt. Gemäss Steiner wäre eine gute, aber auch zweckgebundene Ausbildung mit Behandlung von Themen wie Stressbewältigung, effektiver.




Verbesserungspotenzial im Verkehrsmanagement

In der Frachtbranche gehört das Thema Verkehr zum Alltag. Wenn also Städte wie Bern diesbezüglich an ihre Kapazitätsgrenzen stossen, hat das direkte Auswirkungen auf das Tagesgeschäft von VOGT.CARGO. «Eine Stadt soll und muss auch etwas leben, wir sind nicht auf dem Ballenberg» meint Vogt zu diesem Thema. Trotzdem habe das Verkehrsmanagement grosses Verbesserungspotenzial. So sei es sinnvoll, durch clevere Lösungen den motorisierten Individualverkehr in den Städten zu reduzieren und die dadurch entstandene Kapazität für den Wirtschaftsverkehr wie Handwerksleute oder eben Lieferanten zu nutzen. Insgesamt würde der Verkehr dadurch beruhigt, was neben einer erhöhten Lebensqualität auch eine Reduktion von Lärmemissionen bewirken würde. «Mit der aktuellen Situation leidet die Effizienz; wir müssen beispielsweise mehr Autos einsetzen, was auch nicht nachhaltig ist.» Eigens für Aufträge in der Stadt Bern hat VOGT.CARGO deshalb eine Anzahl sogenannter Tripl angeschafft. Die kleinen dreirädrigen Elektrofahrzeuge sind nachhaltig und ermöglichen Agilität und schnelles Vorankommen – auch dort, wo andere Fahrzeuge keine Chance haben.

Damit ist die VOGT.CARGO AG eine Vorreiterin im Kanton Bern, wenn nicht sogar in der Schweiz. Und schafft es, durch ihr Engagement die Frachtbranche nicht nur punkto Nachhaltigkeit, sondern auch in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Innovation in ein gutes Licht zu rücken.




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