Optimales Zusammenspiel von Tradition und Innovation

Die Confiserie Eichenberger wird seit 2004 in zweiter Generation von Daniel Eichenberger geführt. Als Handballer war der 46-Jährige in den obersten Schweizer Ligen im Einsatz und sorgt heute dafür, dass sein Unternehmen an der Spitze bleibt: Mit erstklassigen Produkten, einem offenen Blick für die Trends der Zukunft und dem Mut, die angestammte Position, wenn nötig zu verlassen.

Es gibt gute Lagen – und es gibt perfekte: Die Adresse Bahnhofplatz 5 zum Beispiel, von der Gründung 1959 bis ins Jahr 2013 Hauptsitz der Confiserie Eichenberger. Viele Jahrzehnte lang war die gesamte Liegenschaft vollumfänglich der Herstellung von Pâtisserie und weiteren Köstlichkeiten gewidmet: Im Untergeschoss befanden sich Backstube und Konditorei, im Erdgeschoss Verkaufsladen und Tearoom, im 1. Stock Confiserie und Verpackung sowie in den oberen Etagen Büros und weitere Geschäftsflächen. In den Stockwerken 5 und 6 lagen die privaten Räumlichkeiten der Familie Eichenberger.

Dort – mit dem zweitgrössten Bahnhof des Landes vor der Haustür, dem Hotel Schweizerhof als Nachbar und dem Bundeshaus in Sichtweite – ist auch Daniel Eichenberger gross geworden, der das Unternehmen heute in zweiter Generation führt. «Klar war es ein spannendes Privileg, dort aufzuwachsen», erklärt der Unternehmer. «Fast wichtiger als die Lage war es aber, so nahe am Familienunternehmen zu sein. Ich habe von klein auf mitbekommen, wie ein Gewerbebetrieb funktioniert.»




Von der Backstube auf den Handballplatz

Am Bahnhofplatz 5 hat Daniel Eichenberger nicht nur Kindheit und Jugend verbracht, sondern auch die Lehre als Confiseur absolviert. Daneben war er leidenschaftlich als Handballer in der Nationalliga A und B im Einsatz. «Ich erhielt keine Sonderbehandlung: Mein Vater hat mit mir zusammen bewusst zwei weitere Lernende im gleichen Lehrjahr angestellt und darauf geachtet, dass ich genauso viel mache wie diese. Hatte ich am Samstagnachmittag zum Beispiel einen Match und wollte früher weg, kehrte ich eben danach nochmals in den Betrieb zurück, um die Backstube aufzuräumen.»

Nach der Lehre folgten Wanderjahre mit Stationen in Thun und Lausanne. Später absolvierte Daniel Eichenberger die Meisterprüfung sowie eine betriebswirtschaftliche HF-Weiterbildung, bevor er als Produktionsleiter ins Familienunternehmen einstieg und dieses 2004 schliesslich übernahm. Parallel dazu setzt Daniel Eichenberger auf stetige Weiterbildung, zuletzt im Jahr 2018 mit einem CAS-Lehrgang zum zertifizierten Verwaltungsrat.




Mit den Zeichen der Zeit gehen

Nach der Stabsübergabe begann Daniel Eichenberger, die Filialisierung des Unternehmens voranzutreiben. «Gute Standorte sind das A und O – wir müssen da sein, wo sich die Leute bewegen. Dabei agieren wir bewusst als Rosinenpicker und verfolgen ein organisches Wachstum», erklärt er. 2005 erfolgte die Eröffnung der ersten Zweigstelle in der Bahnhofunterführung – bewusst sehr nahe am Mutterhaus gelegen, so dass die Lieferung pragmatisch zu Fuss mit einem «Wägeli» erfolgen konnte. Später kamen Niederlassungen unter anderem in der Kramgasse (2008) oder im PostParc (2015) dazu, insgesamt sind es heute deren sechs.

Mit den verschiedenen Filialen änderten sich auch die Ansprüche an die Produktion und die Räumlichkeiten am Bahnhofplatz 5 wurden zu klein. «Mir war es wichtig, dass wir auf Stadtgebiet bleiben konnten, die Herstellung zentral an einem Ort passiert und alle Filialen schnell erreichbar sind. Daher haben wir lange nach einem geeigneten Standort gesucht.» Fündig wurde der Patron schliesslich am Sulgenrain und hält im Gespräch mit einem Augenzwinkern fest: «Die Umgebung ist vielleicht nicht ganz so exklusiv wie vorher, dafür entspricht sie komplett unseren aktuellen Bedürfnissen.» Seit 2012 wird nun im Quartier Mattenhof-Weissenbühl produziert, am Bahnhofplatz 5 verblieb die Hauptfiliale des Unternehmens mit Tearoom.




Traditionen wahren und Neues wagen

Die Brücke von der Vergangenheit ins Heute zu schlagen – das sieht Daniel Eichenberger als «herausfordernden Spagat, den es zu meistern gilt. Zum einen bewahren wir überlieferte Rezepturen und Produkte, die gut und beliebt sind. Zum anderen müssen wir unsere Produktionsabläufe laufend modernisieren und weiterentwickeln.» Änderungen am Sortiment würden nur behutsam vorgenommen, schliesslich werde das Unternehmen insbesondere für seine traditionellen Spezialitäten geschätzt.

Allen voran der beliebte Berner Haselnusslebkuchen, die üppigen Schoggiweggli oder «das beste Birchermüesli der Stadt». Letzteres ist im Übrigen ein klassisches Tearoom-Produkt und so ist es kein Zufall, dass fast allen Eichenberger-Verkaufsflächen auch ein Lokal angeschlossen ist, welches die Kundinnen und Kunden zum Verweilen einlädt. Der Begriff Tearoom sei aber etwas in die Jahre gekommen: «Heute wird eher der Begriff ‘Café’ verwendet, so beispielsweise im PostParc. Auch hier müssen wir aber behutsam vorgehen: Wir wollen unsere Stammkundschaft gut pflegen und trotzdem die neuen Generationen erreichen.»

Das macht die Confiserie Eichenberger mit bewussten Innovationen und sorgte beispielsweise 2019 für Aufsehen, als sie mit der Schweizerischen Post die Brot-Post entwickelte – ein Abo-Modell, mit dem regionale Backwaren nach Hause geliefert wurden. «Bei diesem Projekt haben wir mit der Post zusammen einen digitalisierten Prozess in der Branche etabliert, was uns imagemässig viel gebracht hat und bei dem wir viel gelernt haben.» Das nächste Online-Vorhaben betrifft nun den Haselnusslebkuchen: Auf einer eigenen Website mit Shop wird die Geschichte des Produkts aufgearbeitet und mit Bestellmöglichkeiten für Firmen und Private noch attraktiver gemacht.




Chancen nutzen – gerade in Krisenzeiten

Wie verschiedene andere Branchen auch sind die Confiserien heute mit Herausforderungen wie den Pandemie-Folgen, dem Rohstoffmangel, dem Klimawandel, dem Fehlen von Fachkräften und der drohenden Energiekrise konfrontiert. Wovon ist die Confiserie Eichenberger am stärksten tangiert? «Die Pandemie hat uns wirklich einiges abverlangt und der Homeoffice-Trend setzt uns weiter zu. Trotzdem haben wir dadurch auch viel gelernt für die Zukunft: Wir wissen, dass wir schnell reagieren können und anpassungsfähig sind.»

Diese Kompetenz hilft der Confiserie Eichenberger auch hinsichtlich der möglichen Strommangellage: «Wir müssen in der heutigen Zeit damit umgehen können, dass wir uns verschiedenen Einflüssen nicht entziehen können. Gleichzeitig wollen wir die Chancen und eine grundsätzliche Positivität im Geschäftsleben im Blick behalten. Dieses Mindset ist auch für Mitarbeitende und Kunden wichtig.» Auch die Ansprüche an die Geschäftsführenden von KMU seien in den vergangenen Jahren gewachsen und das nicht erst seit der Pandemie, sondern bereits mit der Digitalisierung: «Alles ist sehr viel schnelllebiger geworden. Um angesichts des steten Wandels bestehen zu können, ist es umso wichtiger, sich bewusst Auszeiten zu nehmen und zu fokussieren.»

Dies ist auch ein Grund, weshalb Daniel Eichenberger nur selten an Anlässen der HIV-Sektion Bern teilnimmt, bei der die Confiserie Eichenberger Mitglied ist, seit er denken kann. Dennoch schätzt er die Arbeit des Vereins: «Es ist gut zu wissen, dass es eine Institution gibt, welche die Anliegen von Handel, Industrie und Gewerbetreibenden unterstützt. Gemeinsam kann man sehr viel mehr ausrichten, als wenn man als einzelnes Unternehmen agiert. Ich fühlte mich über die Jahre immer sehr gut vertreten.»




Nachhaltige Investitionen in die Zukunft

Daniel Eichenberger hat sein Unternehmen nicht nur erfolgreich in die Gegenwart geführt, auch die Ansprüche der Zukunft hat er im Blick und setzt daher stark auf Nachhaltigkeit, beispielsweise beim Thema Food Waste: «Wir vermeiden Überproduktionen, werfen so wenig wie möglich weg und arbeiten mit lokalen Partnern wie Äss-Bar und Punto zusammen». Zudem setzt das Unternehmen konsequent auf erneuerbaren Strom, berücksichtigt lokale Produzenten und verwendet wann immer möglich plastikfreie Verpackung.

Auch der Nachwuchsförderung wird ein hoher Stellenwert beigemessen: «Wir sind seit vielen Jahren ein Ausbildungsbetrieb und bilden pro Jahr zwei Lernende aus. Damit haben wir uns einen guten Namen gemacht und sind daher auch nicht so stark vom aktuellen Fachkräftemangel in der Produktion betroffen wie andere Firmen.» Inklusive der aktuell sechs Lernenden sind es rund 85 Mitarbeitende, die das Unternehmen momentan beschäftigt. Und mit einem optimalen Zusammenspiel sorgt das Team dafür, dass die Confiserie Eichenberger in jedem Sinne eine Top-Adresse bleibt.