Eine Institution für die Geschichtsbücher

Das Restaurant Harmonie ist eines der ältesten und arriviertesten Lokale in Bern. Seit 107 Jahren ist es in Besitz der Familie Gyger und blickt auf eine reiche Tradition zurück, die immer wieder Stoff für legendäre Geschichten bot. Mittlerweile wird das Restaurant in dritter Generation von Dr. Fritz «Jimi» Gyger und dessen Geschäftspartner Walter Aebischer geführt.

Auch am Anfang der Gyger-Dynastie – von denen notabene alle Protagonisten mit Vornamen Fritz heissen – steht eine ganz besondere Geschichte, wie Fritz «Jimi» Gyger erzählt: «Mein Grossvater führte das Bahnhofbuffet in Wimmis. Im März 1911 gab es einen Blitzeinschlag auf dem Hausberg, der Simmenfluh. Weil es in dem steilen Gebiet nicht möglich war, das Feuer zu löschen, dauerte der Brand monatelang an. Das Spektakel sorgte natürlich für viele Schaulustige und der Grossvater witterte darin ein gutes Geschäft: Er bestuhlte das Bahnhofbuffet auch aussen, damit sich die Leute am Feuer satt sehen konnten. Mit dem Geld, das er dabei verdient hat, kaufte er 1915 die Harmonie.»

Fortan wirtete Fritz Gyger I während 35 Jahren an der Hotelgasse 3 und kreierte mit seiner Harmonie einen beliebten und bestens frequentierten Ort, an dem «Tout Berne» ein- und ausging. 1950 übernahm sein Sohn Fritz Gyger II zusammen mit Frau Ruth für die folgenden 30 Jahre die Geschicke.

Seit 1981 und bis heute wirtet Fritz «Jimi» Gyger III in der Harmonie – also über 40 Jahre und davon 28 Jahre zusammen mit seinem Geschäftspartner Walter Aebischer. Auf der Speisekarte steht seit Anbeginn gute Hausmannskost, die zu grossen Teilen bis heute Bestand hat. Wer zum Beispiel Kutteln mag, kann diese auch heute bestellen – nebst Klassikern wie Cordon Bleu und Pastetli, zahlreichen Käsespezialitäten sowie auch vegetarischen Gerichten.




Wirt, Doktor der Nuklearchemie und engagierter Berner

Auch wenn Fritz «Jimi» Gyger in der gleichen Liegenschaft aufgewachsen ist, hat er seine Kindheit nicht durchgehend in der Gaststube verbracht. «Die Familie und das Restaurant wurden klar getrennt – die Mutter kochte für mich und meine Schwester oben in der Wohnung und der Vater war unten im Lokal präsent.» Zudem verfolgte der Spross ganz andere berufliche Pläne: Er doktorierte er an der Universität Bern in Nuklearchemie und gründete danach das Unternehmen Comcona AG, welches spezialisierte Buchhaltungssoftware unter anderem für Notariate entwickelt.

Seit 1977 setzt er sich ehrenamtlich für die Interessen der Innenstadt ein: Zuerst im Münstergasse-Herrengasse-Leist (mittlerweile Kesslergass-Gesellschaft), dann bei den Vereinigten Altstadtleisten, im City-Verband und schlussendlich bei BERNcity, deren Präsident er seit 2009 ist. Bei der HIV-Sektion Bern ist das Restaurant Harmonie seit 2007 Mitglied. Dies aus Überzeugung, wie Fritz «Jimi» Gyger erklärt: «Der HIV ist genauso wie BERNcity nahe an der Wirtschaft und wir ziehen am selben Strick. Zudem ist er eine ausgezeichnete politische Kraft, dessen Werte sich mit meinen decken.»




Tradition dank Qualität und Nahbarkeit

In seiner Anfangszeit als Patron des Restaurants Harmonie erhielt Fritz «Jimi» Gyger von der Ehefrau wichtigen Support – beide verfügten sie auch über den Wirte-Fähigkeitsausweis. Heute ist es Geschäftspartner Walter Aebischer, der ihn unterstützt: 1994 wurde das Restaurant zur AG umstrukturiert und beide Teilhaber sind zu 50 Prozent beteiligt. Im Betrieb gibt es eine klare Rollenverteilung: Walter Aebischer leitet als Chef de Cuisine die kulinarischen Geschicke und den Einkauf – Fritz «Jimi» Gyger wiederum verantwortet die Bereiche Administration, Infrastruktur und das Personalmanagement der 10 Vollzeitstellen. Seinen Führungsstil umschreibt er als «streng», um aber sogleich zu relativieren: «Ich gebe meinen Mitarbeitenden auch viel Verantwortung und delegiere Kompetenzen. Wir verfügen über eine junge, sehr gut ausgebildete Crew, die ideal im Team funktioniert und so zum Beispiel die Arbeitspläne in Eigenregie erstellt.»

Im Tagesgeschäft agiert Fritz «Jimi» Gyger vor allem als Gastgeber und sorgt für das unverwechselbare und persönliche Ambiente, welches das Restaurant Harmonie prägt. Genau diese Nahbarkeit ist denn auch einer der wichtigsten Faktoren, weshalb das Restaurant seit 107 Jahren erfolgreich bestehen kann: «Wir pflegen die Beziehung mit unserer Kundschaft sehr bewusst. Alle unsere Stammgäste werden mit Namen begrüsst. Zudem ist Qualität wichtig – bei der Serviceleistung genauso wie beim Essen. Darüber hinaus profitieren wir selbstverständlich von unserer langen Tradition und dem Umstand, dass wir in einer eigenen Immobilie wirten.» Zu den Gästen gehören neben privaten Besuchenden und Geschäftsleuten auch Politikerinnen und Politiker: von der Parlamentarierin bis zum Bundesrat. Und so kann es durchaus sein, dass ein Teil der sagenumwobenen Nacht der langen Messer zuweilen auch im Restaurant Harmonie stattfindet. Mehr verrät Fritz «Jimi» Gyger dazu nicht – Diskretion verpflichtet.




Weitermachen – auch in Extremsituationen

Wie die gesamte Branche wurde auch das Restaurant Harmonie in den vergangenen zwei Jahren heftig von der Corona-Pandemie getroffen. «Trotz Härtefallregelungen und Kurzarbeitsentschädigungen war und ist es eine sehr schwierige Zeit. Der administrative Aufwand war immens und zeitweilig haben wir sehr lange auf die benötigten Gelder gewartet.» Die nun anstehenden Öffnungsschritte lösen bei Fritz «Jimi» Gyger weniger Euphorie aus, als man auf den ersten Blick vermuten könnte: «Ja, es geht weiter. Und wir machen bei der Öffnung genauso mit, wie wir während der Pandemie auch die Vorschriften konsequent eingehalten haben.»

Weitermachen; das hiess es für das Restaurant Harmonie schon mehrmals. Neben der jüngsten Pandemie hat das Lokal auch zwei Weltkriege erlebt. Diesen Kriegszeiten ist es denn auch geschuldet, dass Käsespezialitäten wie Fondue noch heute einen wichtigen Teil der Speisekarte ausmachen. «Aufgrund der Lebensmittelknappheit wusste mein Grossvater zeitweise nicht, was er den Gästen servieren sollte. Im Berner Oberland konnte er dann Käse ergattern – und so kam das Fondue in die Harmonie.» Dieses hat noch heute Bestand: Jährlich werden an der Hotelgasse 3 rund drei Tonnen Käse serviert. Und dies in einem Ambiente, in dem über die Jahrzehnte wahrhaftig Geschichte geschrieben wurde.