Gemeinsam bringen wir unsere Sprachen und Kulturen näher zusammen!
In einem offiziell zweisprachigen Kanton muss sich diese Realität auch im Bildungswesen widerspiegeln. Es ist entscheidend, während der gesamten Schulzeit das Bewusstsein für beide Sprachen und Kulturen des Kantons zu stärken, um die Jugendlichen besser auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten – durch die Förderung von Toleranz und Offenheit.

Geschäftsführerin des Forums für die Zweisprachigkeit, Biel/Bienne
Der Kanton Bern ist in der Schweiz einzigartig: Er ist der einzige Kanton, in dem eine deutschsprachige Mehrheit (90 % der Bevölkerung) und eine französischsprachige Minderheit unter einem gemeinsamen institutionellen Dach leben. Diese sprachliche Vielfalt ist ein Reichtum, der bereits in der Schule wertgeschätzt werden sollte, da sie grosses Potenzial birgt, das über den Kanton hinaus in der ganzen Schweiz ausstrahlen kann. Die aktuelle Entwicklung verläuft jedoch in die entgegengesetzte Richtung: Die angekündigte Schliessung der zweisprachigen Klassen in der Stadt Bern (ClaBi) sendet ein beunruhigendes Signal für den gesellschaftlichen Zusammenhalt im ganzen Kanton.
Zweisprachigkeit darf nicht an der Grenze zwischen Biel und dem Seeland haltmachen. Sie sollte im gesamten Kanton gefördert werden – nicht zwingend durch rein zweisprachigen Unterricht, sondern durch die Sensibilisierung für kulturelle Unterschiede als kantonalen Reichtum, durch zweisprachige Fachlexika in verschiedenen Schulfächern – insbesondere in Berufsschulen – und natürlich durch Austausch- und Immersionsprojekte in verschiedenen Etappen der Ausbildung.
Ein Barometer der Zweisprachigkeit in den Unternehmen der Region Bern aus dem Jahr 2021 hat gezeigt, dass Sprachkompetenzen des Personals in allen Branchen sehr wichtig sind – jedoch insbesondere in der Ausbildung von Lernenden noch grosses Verbesserungspotenzial besteht. Gerade in Bereichen wie Tourismus, Gesundheit, Verkauf, aber auch in neuen Technologien bietet Zweisprachigkeit klare Vorteile: Sie fördert die Aufmerksamkeit und geistige Flexibilität, stärkt die berufliche Mobilität, begünstigt Innovation – und unterstützt das gesellschaftliche Zusammenleben.
Die Schule spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Präsenz von Hochdeutsch, Berndeutsch und Französisch sollte für alle Schülerinnen und Schüler im Kanton selbstverständlich werden. Lehrpersonen müssen frühzeitig die Neugier auf die andere Sprache und das Verständnis für die andere Kultur wecken.
Politische und wirtschaftliche Entscheidungsträgerinnen und -träger stehen in der Verantwortung, die Zweisprachigkeit zu erhalten und aktiv zu fördern. Dies bedeutet, in die Zukunft zu investieren und gleichzeitig eine mehrsprachige, offene kantonale Identität zu leben – ganz im Sinne der Schweiz.
Die Zweisprachigkeit des Kantons ist eine Chance – machen wir sie gemeinsam zur Priorität! Sie verbindet Kulturen, stärkt den sozialen Zusammenhalt und ist ein wirtschaftlicher Mehrwert, den wir gezielt nutzen sollten, um die Ausstrahlung des Kantons schweizweit zu fördern.