Mitarbeiterrekrutierung im Laufe der Zeit
Die Möglichkeiten, um Mitarbeitende anzusprechen und zu finden, haben sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt und vervielfältigt. Welche drei Punkte für die erfolgreiche Anwerbung im digitalen Raum notwendig sind, verrät Fortunat Trippel, Leiter Fachbereich Marketing & Vertrieb bei der Securitas AG im Interview.
Von traditionellen Methoden und neue Kanäle
Traditionell verlief die Rekrutierung über gedruckte Stellenanzeigen, Karriereveranstaltungen und eigene Netzwerke. Unternehmen nutzten Karrierewebseiten, auf denen sich die Interessierten mit ihren Lebensläufen bewerben konnten. Die Auswahl der Kandidierenden basierte auf schriftlichen Bewerbungen und persönlichen Vorstellungsgesprächen. Der Prozess war für alle Beteiligten zeitaufwendig und kostspielig.
Mit dem Aufkommen des Internets und der sozialen Medien hat sich die Rekrutierung grundlegend gewandelt. LinkedIn, Facebook und TikTok sind nur einige Beispiele für Plattformen, die immer stärker zur beruflichen Vernetzung und Rekrutierung genutzt werden. Unternehmen können gezielt nach potenziell Interessierten suchen und diese direkt ansprechen. Algorithmen und Datenanalyse helfen dabei, passende Profile zu identifizieren und den Auswahlprozess zu vereinfachen.
Ein erfolgreiches Beispiel in der online Rekrutierung - Die Securitas AG
Berner Wirtschaft: Herr Trippel, Sie leiten den Fachbereich Marketing & Vertrieb der Securitas AG. Wie kam es, dass ihr Bereich auch für die Rekrutierung mitverantwortlich wurde und seit wann machen Sie es?
Fortunat Trippel: Während der Coronazeit hatten wir viele offene Stellen und es galt Wege zu finden, diese Jobs mit geeignetem Personal zu besetzten. Ansonsten konnten wir Aufträge nicht annehmen! Es war also ein Schritt, den wir aus der Not machten. Die gestellte Aufgabe war: Findet Wege, um die Rekrutierungsprozesse zu verbessern. Wir mussten für uns unbekannte Kanäle wie Instagram und TikTok nutzen, da wir auf den etablierten Kanälen nicht genügend Personal fanden. Blicke ich heute zurück, wünschte ich mir, wir hätten das Potenzial bereits vorher erkannt!
BW: Sie sprechen von geeignetem Personal, wie findet man es? Respektive wie preist man sich als Firma an?
FT: Dies ist eine berechtigte Frage. Social Media bedingt, dass man sich als Unternehmen sehr genau überlegt, wenn man sucht. Hier ist das HR-Management im Lead. Die HR-Abteilung muss seine Bedürfnisse und Profile definieren und kommunizieren. Je nach Zielgruppe muss man sie anders ansprechen und auf ihrer Plattform abholen.
BW: Was hiess dies im Fall der Securitas AG?
FT: Gemeinsam haben wir «Personas» erstellt. Dies bedeutet: Wir haben uns zusammengesetzt und gefragt, was hat die Person, die wir suchen für einen beruflichen Hintergrund? Welchen Hobbys geht sie nach? Welche Art von Ansprache ist für sie passend? Dann produzierten wir Content für genau diese Gruppe mit diesem Jobprofil.
BW: Klingt nach einem wissenschaftlichen Vorgehen, um neue Leute zu gewinnen!
FT: Dies ist es auch. Je genauer man als Unternehmen weiss, wen man sucht, desto eher kann man diese Person in den Social Media ansprechen und für sich gewinnen. Viel Reichweite und viele Views der Videos sind schön und gut aber man darf sich davon nicht blenden lassen. Was mich aber interessiert, ist am Ende die Conversion, die zu Leads führt. Sie sagt aus, ob die Inhalte «spannend» sind und sich jemand angesprochen fühlt.
BW: Wenn Sie nun nach einigen Jahren auf Ihren Weg zurückblicken, was nehmen Sie mit?
FT: Bei diesen Kanälen muss man sich rantasten und ausprobieren. Wir müssen aufpassen, dass wir unser Firmenimage nicht kaputtmachen. Dies ist ein schmaler Grat und man muss schauen, wie die Leute auf die verschiedenen Ansätze reagieren. Es braucht Leichtigkeit und Mut, ansonsten hat man keinen Erfolg. Wir fanden die für uns passende Securitas-Sprache.
BW: Produzieren Sie als Unternehmen mit tausenden von Mitarbeitenden alles inhouse mit der eigenen Kommunikationsabteilung? Diese Möglichkeit haben KMUs oftmals nicht.
FT: Es ist wichtig zu wissen, was man kann und was nicht. Oder anders ausgedrückt: Nein, wir machen nicht alles selbst. Niemand hat all diese Fähigkeiten, aber dafür gibt es wiederum spezialisierte Firmen.
BW: Sprich: diese Art der Rekrutierung ist aus Ihrer Sicht auch für KMUs eine Option?
FT: Gerade für KMUs bieten diese Wege grosse Chancen. Mit verhältnismässig wenig Geld erreicht man seine neuen Mitarbeitende. Aus meiner Sicht sind es drei Punkte, die man berücksichtigen muss, um erfolgreich zu sein. Je nachdem braucht man mehr oder weniger Unterstützung von externer Seite.
BW: Ja, bitte?
FT: Erstens muss man kreativ sein, um die Leute abzuholen. Hat man keine packenden Botschaften, wird sich niemand bewerben – so einfach ist es. Diese Gabe haben nicht alle und deshalb lohnt es sich hier oftmals externe Unterstützung beizuziehen. Zweitens muss man sich Gedanken über die Produktion des Inhalts machen. Hat man Mikrophone oder kann jemand die Videos schneiden, beantworten die meisten KMUs mit Nein. Also ist es sinnvoll auch hier auf externe Kräfte zurückzugreifen. Und drittens: Nutz die Stärken von Social Media. Durch die Flut von Daten ist ein sauberes Reporting möglich. Dies zeigt sehr gut auf, was funktioniert hat und was nicht. Daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und dann an der Kreativität zu schrauben, sind ein Muss. Mit etwas Recherche kann man dies gut in der Firma abwickeln.
BW: Vielen Dank für diese kurze Anleitung! Ein Schlusswort an alle HIV-Mitglieder?
FT: Probieren geht über studieren. Je stärker eine Firma in der Nische ist, desto grösser ist die Chance, sein Team über diese Kanäle zu vervollständigen! Ich kann es allen Firmen empfehlen - gerade KMUs haben viel Potenzial.
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