Wir müssen Krisen öfter als Chance sehen!
In dieser neuen Serie stellt der HIV im Magazin «Berner Wirtschaft» innovative Unternehmen vor – vom kleinen Betrieb bis zur grossen Firma und StartUp bis zur Traditionsfirma. In dieser Ausgabe wird die Firma Lantal aus Langenthal beleuchtet.
«Wir haben über 60 Jahre Erfahrung im Bereich Gesamtlösungen für Innenausstattungen von Flugzeugen. Alle grossen Flugzeughersteller und über 300 Fluggesellschaften vertrauen auf unser Know-How. Wir sind stolz auf unser Unternehmen. Doch plötzlich stand alles, im wahrsten Sinn des Wortes, still. Ich erinnere mich noch genau.», sagt Luzius Rickenbacher aus dem Fenster blickend. Der Leiter Aviation Interiors erzählt weiter: «Plötzlich hiess es im März 2020: Lockdown. Kein Flugzeug hob mehr ab und kein Zug oder Bus brachte Reisende von A nach B. Getätigte Bestellungen wurden gecancelt und die Auftragsbücher leerten sich. In diesem Moment der Unsicherheit sagten wir uns in der Geschäftsleitung: Wir müssen die Krise als Chance sehen und Gas geben.»
Und dies tat das Langenthaler Unternehmen, welches seit 1886 besteht und heute weltweit mehr als 570 Mitarbeitende beschäftigt. Ein Blick in die Geschichte. 1954 schaffte die damalige Möbelstoffweberei Langenthal AG den Markteintritt in die noch junge Flugindustrie: Die holländische Fluggesellschaft KLM bestellte ihre Sitzbezugsstoffe in Langenthal. Dadurch eröffnete sich für das Unternehmen ein in Zukunft strategisch wichtiger Markt. Die klassische Methode zum Färben von Garn für Luftfahrtteppiche war und ist ein langsamer und ressourcenintensiver Prozess. Je bunter und komplexer das Design, desto höher das Gewicht des Teppichs sowie seine Produktionskosten. «Wir haben seit 1993 ein Designstudio in Langenthal, weil sich für uns Funktionalität und Stil nicht ausschliessen dürfen. Zugleich waren Nachhaltigkeit und Kostendruck in den Jahren vor der Pandemie auf dem Markt immer relevanter und wir wussten, dass es Handlungsbedarf gibt», führt CEO Urs Rickenbacher aus.
Lantal verdoppelte bei Ausbruch von Corona sein Engagement und erhöhte antizyklisch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Was bereits länger in den Köpfen schlummerte, wurde in Realität umgesetzt. Aus Ideen wurden Konzepte, bald Prototypen und letztlich die neue DIGITAL DEEP DYEING Technologie. «Eine Weltneuheit zu entwickeln und die Teppichtechnologie zu revolutionieren, war das Ziel von allen. Es war eine unglaublich intensive Zeit. Am Ende waren wir als Team erfolgreich, weil alle Beteiligten am gleichen Strick zogen!», schwärmt Luzius Rickenbacher rückblickend.
Die neue Produktlinie bietet der Kundschaft mehrere Vorteile. So ist eine schnelle und noch individuellere Herstellung der Interieurs möglich, was die Flexibilität der Kundschaft erhöht. Gleichzeitigt ist die neue Technologie Ressourcenschonender: Der Abfallanteil wurde um 80% reduziert und der Wasserbedarf um 60% verringert.
«Alle Beteiligten profitieren von der DIGITAL DEEP DYEING Technologie. Die Passagiere werden ein attraktiveres Kabinenumfeld geniessen, Fluggesellschaften werden ihre Ziele der Gewichtsreduzierung erreichen und kürzere Durchlauf- und Lieferzeiten erfahren. Insgesamt wird uns die Natur in Folge einer drastischen Reduktion des CO2 – Fussabdruck dankbar sein.», fasst CEO Rickenbacher die Neuerungen zusammen.
Die Weltneuheit stiess auch in Fachkreisen auf Begeisterung. So gewann Lantal mit der neuen Technologie im vergangenen Jahr zwei renommierte Preise. Den CRYSTAL CABIN AWARD WINNER IN THE SUSTAINABLE CABIN CATEGORY, den SWISS TECHNOLOGY AWARD IN THE INDUSTRY INNOVATION CATEGORY. Weiter ist die DIGITAL DEEP DYEING Technologie in diesem Jahr für den GREEN BUSINESS AWARD auf der Shortlist. Schmunzelnd hält Luzius Rickenbacher dazu fest: «Diese Awards sind das i-Tüpfchen für unser Arbeit. Sie sind für mich aber auch Beweis dafür, dass sich Investitionen und unternehmerischer Mut auszahlen. Wir müssen Krisen öfter als Chance sehen!»