Ein Interview mit dem Präsidium
Die Kernaufgabe des HIV ist es, sich für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Kanton Bern einzusetzen. Hierfür engagiert sich der HIV in zahlreichen Kommissionen und Gremien. Gemeinsam mit den Berner Wirtschaftsverbänden ist ein zentrales Tätigungsfeld die Aufbereitung von Informationen zu Händen der Berner Grossrätinnen und Grossräte. Diese wiederum organisieren sich in der Parlamentarischen Gruppe Wirtschaft, kurz PGW. Die Berner Wirtschaft hat mit dem Präsidium bestehend aus Sandra Hess, André Roggli, die gemeinsam das Vizepräsidium bilden und Annegret Hebeisen-Christen als Präsidentin über die PGW gesprochen.
Berner Wirtschaft: Frau Hebeisen, was ist die PGW, die Sie präsidieren?
Frau Hebeisen-Christen: Dieses Gefäss dient uns Grossratsmitgliedern als Meinungsbildungs- und Diskussionsplattform. Seit 1987 trifft sich die Gruppe in der Woche vor dem Sessionsstart bei einem Berner Unternehmen als Gastgeber, um die wirtschaftsrelevanten Geschäfte vorzubereiten.
BW: Frau Hebeisen spricht von Vorbereitung, was muss man sich darunter vorstellen Herr Roggli?
Herr Roggli: Der Parlamentarischen Gruppe Wirtschaft gehören Grossratsmitglieder an, die den Verbänden der Arbeitgeber und der Berner KMU, dem Handels- und Industrieverein sowie dem Hauseigentümerverband nahestehen. Um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Kanton Bern zu verbessern und manchmal auch zu verteidigen, diskutieren wir Ratsmitglieder die wirtschaftsrelevanten Geschäfte.
BW: Wie muss man sich dies vorstellen? Man hebt die Hand und sagt Ja oder Nein?
Frau Hess: Richtig, am Ende gibt die PGW eine Empfehlung ab, aber dies erst am Ende der Debatte.
BW: Und was ist der Prozess bis dahin?
Frau Hess: Basierend auf den durch die Verbandssekretariate erarbeiteten Papiere diskutieren wir die Geschäfte. Wir erhalten sie vorab und alle können sich eine eigene Meinung bilden. Im Anschluss werden die Papiere gemeinsam mit den anwesenden Grossrätinnen und Grossräten besprochen und wie erwähnt abschliessend eine gemeinsame Position gesucht.
BW: Herr Roggli, was meint Frau Hess mit «den erarbeiteten Papieren»?
Herr Roggli: Sie spricht damit die, von den Wirtschaftsverbänden verfassten, Arbeitspapiere an. Diese Dokumente sind für uns Ratsmitglieder sehr hilfreich – sei es als Informationsquelle zum Einlesen oder für die Arbeit im Rat. Auf wenigen Zeilen wird zusammengefasst, was das Ziel des Geschäfts ist und was die Folgen einer Annahme oder Ablehnung sind.
BW: Und dann wird abgestimmt Frau Hebeisen-Christen?
Frau Hebeisen-Christen: Von wegen - dann beginnt die Diskussion im Plenum! Obwohl sich in der PGW vorwiegend bürgerliche Ratsmitglieder von SVP, FDP, Die Mitte und EDU befinden, heisst dies nicht, dass wir uns immer einig sind. Und dies, das möchte ich an dieser Stelle auch festhalten, ist auch gut so.
Frau Hess: Dem kann ich mich nur anschliessen. Sehen Sie schon nur das Präsidium an: André ist von Die Mitte, Annegret von der SVP und ich von der FDP. Es ist wichtig diese innere Vielfalt der Bürgerlichen zuzulassen und zu fördern. Denn nur, wenn wir von allen Seiten auf ein Geschäft blicken, können wir sämtliche Auswirkungen erfassen und eine durchdachte Entscheidung treffen.
BW: A apropos durchdachte Lösungen. Sie sprachen Eingangs von der Verteidigung des Wirtschaftsstandortes Bern Herr Roggli. Sowohl im Grossrat als auch im Regierungsrat besteht eine bürgerliche Mehrheit, was gibt es unter diesen Voraussetzungen zu verteidigen?
Herr Roggli: Rein nummerisch ist dies richtig. Doch zahlreiche Ratsmitglieder auf bürgerlicher Seite führen ein Unternehmen und Verpassen beispielsweise wegen einer Baustellenbesichtigung einen Vormittag oder aber es geht die Grippe um und einige sind krank – dann wird es rasch eng. Es kann passieren, dass ein Träumerei-Vorstoss von link-grüner Seite durchrutscht. Ein offener Austausch zwischen den Fraktionen ist daher notwendig und führt zu einem transparenten Umgang miteinander.
BW: Hat die PGW hier auch positive Effekte? Klar, Sie sehen die anderen Grossratsmitglieder, während der Session, bei Kommissionssitzungen oder bei Veranstaltungen aber Beziehungen entstehen oftmals im «lockeren Rahmen».
Frau Hebeisen-Christen: Absolut, denn Vertrauen ist der Grundstein für Beziehungen, man muss die anderen Menschen kennen. Sei es während dem Imbiss vor Beginn der Sitzung oder auch im Nachgang tauschen sich die Mitglieder rege aus. Man kann nicht alle Kolleginnen vom Berner Oberland bis in den Berner Jura gleich gut kennen. Für uns als PGW ist der Sinn und Zweck der Gruppe, dass sich alle eine eigene Meinung bilden können, die verschiedenen Positionen zu Wort kommen und wir, wenn möglich, am Ende eine gemeinsame Position zu einem Geschäft haben. Denn so bringen wir die Berner Wirtschaft vorwärts!